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Autowerkstatt mal ganz anders


Ein Montagmorgen scheint überall auf der Welt gleich zu verlaufen, der Autoverkehr ist einfach furchtbar, jedenfalls in größeren Städten. Wenn man Glück hat geht es Stop and Go voran, wenn man Pech hat geht nichts mehr.                                                                                            Solche Montage gibt es auch hier in Arusha, dazu kommt erschwerend, dass zurzeit viele Fahrbahnen aufgerissen werden, um sie zu reparieren.  Das ist nur mäßig bis gar nicht geregelt. Wir mussten an einem dieser Montage unbedingt in die Innenstadt und standen natürlich erst einmal im Stau.

 Ich kann mich nach wie vor nur schlecht daran gewöhnen, dass die meisten Verkehrsteilnehmer sämtliche Regeln ignorieren. Die Ellenbogenmentalität verhindert einfach ein entspanntes Fahren.                                                                                                                          Besonders schlimm sind die Motorradfahrer die von überall her angeschossen kommen, egal ob sie mit einem kleinen Kind angebraust kommen oder mit duzenden von Hühnern, defensiv zu fahren ist nicht ihr Ding.                                                                                                        Sadat legt bei all diesem Chaos eine schon fast stoische Ruhe an den Tag, die mich immer wieder verblüfft. Besonnen kutschiert er uns durch das Gewühl, sich aufzuregen lohnt nicht, stellt er immer wieder fest und das in Situationen bei denen ich am liebsten wie ein Rumpelstilzchen durch die Decke gehen würde. „Du vergeudest nur Zeit und Energie.“ Recht hat er, denke ich ein ums andere Mal und frage mich, ob irgendwann diese entspannte Mentalität auf mich abfärben kann.

 Mittlerweile beherrsche ich zwar das Fahren auf der linken Seite, aber Spaß ist für mich einfach was anders, ich überlasse Sadat also gerne das Steuer.                                                                                                                                                                                                                                        Hin und wieder kommt es allerdings zu Situationen bei denen ich aus der Haut fahre. Vor ein paar Tagen mussten wir auf einen Seitenstreifen ausweichen und wurden glatt von einem Kleinlaster gerammt, der rückwärts fuhr. Anstatt auszusteigen, um sich mit uns den Schaden anzuschauen, gab der Gute einfach Gas. „Los, hinterher“ gab ich wohl etwas schrill von mir, ich wollte diesen Lümmel auf keinen Fall entkommen lassen. Sadat kann es nicht leiden wenn ich wütend bin, aber ich musste meinem Ärger Luft machen. Nach gut 500 Metern musste der Laster halten, ich nutze die Gelegenheit aus unserem Auto zu spurten, inzwischen war der Fahrer ausgestiegen, ich schnappte seinen Ärmel und zog ihn auf Deutsch schimpfend hinter mir her, bis zu unserem Kotflügel. So ein Mist, die Beule war vorher schon da, es gab keinen weiteren Schaden. Aber der Fahrer hatte dennoch ein schlechtes Gewissen und wendete sich nun an Sadat um sich zu entschuldigte, was er im Übrigen auch kurze Zeit später bei mir tat. Mein Ärger verflog so schnell wie er gekommen war.                                                             Bei einem deutlich ernsteren Vorfall kann man natürlich die Polizei rufen, ob und wann sie kommt bleibt allerdings meist ein Mysterium.

 

Nun aber zurück zu besagtem Montag. Wir hatten eine Verabredung mit einem Automechaniker, um unser Vehikel auf mögliche Schäden überprüfen zu lassen. Es gab also einen guten Grund uns durch den morgendlichen Stau zu quälen.                                                                    Mehr oder weniger pünktlich waren wir an der vereinbarten Stelle in der Nähe des Clook-Towers. Von einer Autowerkstatt war allerdings nichts zu sehen. Sadat rief den Mechaniker an und dieser tauchte kurze Zeit später auf, Manuel so der Name, quetschte sich hinter das Lenkrad und fuhr mit uns los. Kurz darauf gab er mir zu verstehen, dass ich mit meiner Vermutung recht hatte, irgendwas war mit der Lenkung nicht in Ordnung, außerdem mutmaßte er, dass der Auspuff defekt sei.                                                                                                        Nach einer kurzen Fahrt bogen wir auf einen schmalen Weg ein, ein kaputtes Auto reite sich hier neben dem anderen, zwischen drin wuselten Arbeiter in Blaumännern.                                                                                                                                                                                                              Wir hatten die Werkstatt erreicht, unter freiem Himmel wohlbemerkt. Mit ein paar Steinen und zwei Wagenheber wurde unser Wagen aufgebockt, Manuel fing an ihn zu inspizieren, die Lenkstange wurde ausgebaut, nebenbei beschäftigte sich ein andere Mechaniker mit unseren Rücklichtern, die leider auch den Geist aufgegeben hatten. Das Ganze dauerte nur eine halbe Stunde, nun mussten die Ersatzteile besorgt werden.                                                                                                                                                                                                                              Wir nahmen kurzerhand ein Taxi und fuhren mit Manuel ein paar Häuserblocks weiter zu einem Ersatzteilladen. Sadat erklärte mir, dass alle Mechaniker in dieser Werkstatt eigenständig arbeiten und selbst für ihre Kundschaft sorgen müssen. Alle Mechaniker sind auf irgendeine Art spezialisiert, z.B. als Lackierer, sie alle arbeiten mit bestimmten Shops zusammen und bekommen auf die verkauften Ersatzteile eine kleine Provision. Ein zusätzlicher kleiner Verdienst.                                                                                                                                                                               Es dauerte eine Weile, bis die nötigen Ersatzteile, aus den recht chaotisch wirkenden Regalen zusammen gesucht wurden. Zurück in der Werkstatt sahen wir noch eine Weile bei der Reparatur zu, die Mechaniker arbeiteten alle recht souverän mit einer minimalistischen Ausstattung. Wer hier arbeitet muss improvisieren können.                                                                                                                                              Auch wenn das Ganze sehr spannend war, ich brauchte einen Kaffee und unbedingt Schatten.                                                                               Nach zwei Stunden waren wir wieder vor Ort, die Lenkstange fertig eingebaut. Um den Auspuff zu reparieren mussten wir allerdings die Werkstatt wechseln. Manuel quetschte sich wieder hinters Lenkrad, irgendwie war dieser Mann zu groß für unser Auto.

 

Wir fuhren durch Arushas Industriegebiet, das schon eine eigenartige Atmosphäre vermittelt, die sich nur schwer beschreiben lässt.        Manuel bog auf eine schrecklich schlechte Straße ein, wir holperten quasi über eine Art Schrottplatz, unzählige ausgeschlachtete LKWs säumten den Weg, dazwischen Bretterbuden, Arbeiter, Hunde, Schrotthaufen, leere Ölfässer. Über dem ganzen Ort schien eine Dunstwolke zu liegen, die perfekte Kulisse für einen Science-Fiction-Film wie z.B. Mad-Max.                                                                                                       Besonders vertrauenserweckend wirkte das Ganze ganz und gar nicht, dagegen sprachen allerdings ziemlich neue SUVs die hier und dort repariert wurden.  Manuel musste sich durchfragen, bis wir an der richtigen Adresse angelangt waren. Ein junger Mann begrüßte Sadat und Manuel, 45000 TSH. also ca. 18,- Euro sollte  das Schweißen kosten, in einer Stunde wäre das Ganze erledigt. Ein Schweißgerät wurde von irgendwo her angeschoben, der junge Mann kroch unter den Wagen und fing mit seiner Arbeit an. Wir nutzten die Stunde, um im Schatten einer Bretterbude eine kalte Cola zu trinken und das Geschehen rund um  uns zu beobachten. Ich ärgerte mich ein bisschen, dass ich meine Kamera nicht dabei hatte. Der junge Mann war deutlich schneller und wir konnten uns mit einem nun reparierten Wagen auf den Rückweg machen.

 

Für einen ganzen Tag Arbeit, verlangte Manuel keine 40,- Euro.                                                                                                                                     Dieser Tag hat mir aufs Neue gezeigt, wie erfinderisch hier Menschen arbeiten, meist, ohne dabei auf die eigene Sicherheit zu achten und wie wenig diese Arbeit eigentlich geschätzt wird.                                                                                                                                                                  Vielleicht ist das eins dieser afrikanischen Dilemmas; das fehlende Selbstbewusstsein für die eigene Arbeit und dass viele afrikanische Regierungen noch nicht begriffen haben, das eine gut aufgestellte Mittelschicht, das Rückrat einer funktionierenden Wirtschaft bedeutet.

 

 


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Kommentare: 3
  • #1

    Norbert Kappenstein (Montag, 04 März 2019 11:31)

    Haha, die 40.- € muss ich hier bei BMW ja schon bezahlen wenn ich nur auf den Hof fahre :-)
    Herrlich Deine Bericht.
    LG Norbert

  • #2

    Ulla Holbein (Montag, 04 März 2019 14:32)

    Wieder mal eine äusserst erlebnisreiche Story!...:)
    Und ja, Norbert beschreibt es da schon ganz richtig:
    Hier zahlt man schon Eintritt, bevor ein Mechaniker überhaupt eine Blick aufs Auto geworfen hat!...
    Hoffentlich hält die Reparatur dementsprechend, nicht dass ihr in den nächsten Wochen wieder los müßt! :)
    Liebe Grüße zu dir/euch...Ulla

  • #3

    Christa Regina (Mittwoch, 13 März 2019 13:07)

    Immer wieder ein Erlebnis Deine Berichte zu lesen. Du schreibst so spannend, dass man kein Wort verpassen möchte.
    Alles Gute für Euch von Christa